WAS IST GOTT? EINE PANTHEISTISCHE ANTWORT FÜR EINE NEUE ETHIK

Von Janet Heuer & Hardy

Die Frage nach Gott ist eine sehr alte und heute oft abgetane Fragestellung des menschlichen Daseins auf der Erde. Sie formte Kulturen und das Gesicht des Menschen über Jahrtausende, heutzutage hingegen gelten Gottesfragen als ein mystisches Beiwerk mit wenig Ernsthaftigkeit. In letzten Jahrhunderten fand durch die Rationalisierung eine Entzauberung der Welt statt und mit dieser eine Entzauberung des Lebens. Eine spirituelle Ansicht, welche schon Spinoza in den Sinn kam, fusioniert diese uralte Frage mit neuem Wissen und gibt der Welt damit ihren Glanz zurück. Der überhöhte Rationalismus mündet im Anthropozentrismus und unreflektierten Materialismus und deren destruktiven Auswirkungen für das Weltgeschehen.


Der Pantheismus (aus dem altgriechischen pān “alles”; theós “Gott”) ist eine philosophische Weltanschauung-, und Gottesvorstellung, welche sich an der grundsätzlichen Gestaltung unserer erweiterten Natur orientiert und anhand dessen theologische Schlussfolgerungen zieht. Der Kosmos ist Gott bzw. panentheistisch– der Kosmos liegt in Gott. Damit sind der Pantheismus und Panentheismus eine moderne und adaptive Weltanschauung mit monistischen Sphären und keinesfalls starr und dogmatisch. Ferner handelt es sich beim Pantheismus nicht um eine Religion im „klassisch– assoziierten“ Sinne, da viele Merkmale einer Religion im Pantheismus nicht vorgefunden werden können, wie zum Beispiel zentrale heilige Schriften, strikte Gebote und Regeln oder auch religiöse Darstellungen und klassische Gebete. Das existentielle Hinterfragen und eine sukzessive Etablierung neuer Gedanken einer philosophisch-wissenschaftlichen Praxis sind in diesen Glauben integriert, welche in Allverbundenheit mündet.


Ein zentrales Unterscheidungsmerkmal zu abrahamitischen Religionen konzipiert sich im Pantheismus im Prinzip der Non-Dualität. Aus dieser Non-Dualität existiert Gott im Pantheismus als kein personelles, außenstehendes Wesen, welches von der Schöpfung getrennt fungiert, sondern findet sich vielmehr in der Schöpfung selbst wieder und reflektiert sich in ihr in vielfältigen Formen unseres Kosmos in seinen inhärenten Wechselwirkungen und hervorgegangenen Erscheinungsformen. Das ursächlich Eine, das Unfassbare erschafft den Kosmos in sich selbst und agiert in ihm durch eine alldurchdringende Urintelligenz von einer intermolekulare Teilchenbindung bis hin zu einer Galaxiespirale und weiter. Hieraus folgen auch praktische philosophische Implikationen, welche sowohl für das individuelle Leben als auch im gesamtgesellschaftlichen Kontext von enormer Bedeutung sind.


Im Folgenden soll der pantheistische Grundsatz der Non-Dualität aus der fundamentalen Gestaltung der Natur abgeleitet und rational nachvollziehbar erläutert werden. Wie modernste wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, ist die Grundessenz aller Existenz im Universum die Quantenenergie, teilweise wird auch ein Fluidum oder ein Plasma angesetzt als kosmisches Prinzip. Die verschiedenen Arten des Seins, wie zum Beispiel die verborgenen oder sichtbaren Geometrien von belebter und unbelebter Materie, resultieren aus den unterschiedlichsten Komplexitätsgraden, wie sich diese grundlegende Quantenenergie organisiert. Diese Emergenzen entstehen durch das Zusammenwirken, der nicht von ihr getrennten Einzelkomponenten, die eigentlich sich durch ihren Zusammenhang definieren und so die Summe mehr Qualitäten aufweisen als die Summe ihrer Teile. Diese ursprüngliche Quantenenergie kann sich zu Quantenteilchen, Atomen, Molekülen und schließlich zu Strukturen verbinden, die wir empirisch vor uns differenziert wahrnehmen können, wie Billionen von Zellen, die mit Geweben und Organen einen Organismus formen. Die Quantenphysik ist allgegenwärtig, so nutzen beispielsweise Pflanzen diese, um ihre chemischen Transformationsprozesse zu katalysieren, indem sie (elektromagnetische) Lichtenergie in organische Materie (Biomoleküle) überführen. Ihre Fotosynthese ist damit die Schlüsselreaktion des Lebens auf der Erde, welche die Energiekreisläufe generiert, in welchen Leben entsteht und vergeht. Das Dasein offenbart sich uns als energetisch eins, nur die strukturelle Metaorganisation schafft illusorische Unterschiede. Die Essenz dessen, dass alles im Kern eins ist und in die kontinuierliche Selbstschöpfung transzendiert, ist im Pantheismus Gott (Alles-Eins-Prinzip). Die Schöpfung sollten wir nicht durch Kategoriendementieren. Der Physiker Max Planck postulierte ebenfalls, dass alle Materie eine fluide Energie sei und dass ein „Spirit“ ihr Ursprung sei, denn Materie ist in sich reines Potential. Sein ist im Kern unbestimmt. Hans – Peter Dürr ebenfalls Quantenphysiker beschreibt den Ursprung der Materie als geronnenen Geist, so dass das Geistige uns formiert und seine komplexe oder schon fast unverständliche Mathematik darin, sind die Konstruktionsgedanken.

Der Pantheismus liefert ebenfalls eine Erklärung für die Prägung unseres Kosmos von dem Prinzip der Dualität. Heiß und Kalt, Groß und Klein, Schnell und Langsam repräsentierten alles Ausdrücke von polaren Zuständen, die unserer Wahrnehmung zu Grunde legen und so auch einem gewissen Maß an Relation. Doch diese Zustände sind weiterhin von einem weitem Dazwischen geprägt, wir sind die Kommastellen zwischen O und 1. Diese von Gott geschaffene Dualität ermöglicht uns allerdings erst die Erfahrungen, welche wir in unendlichen vielen Möglichkeiten im Dasein erleben. Die erwähnte Formenvielfalt der Dualität stammt aus der energetischen Nondualität, damit sich die Essenz Gottes selbst erfahren kann, ohne dass diese sich trenne. Trotzdem fokussiert sich der Pantheismus darauf, keine ineffizienten Differenzen zu säen, sondern in die Verbindung des Menschseins zu treten und hieraus eine spirituelle Dankbarkeit zu schöpfen. Das Leben ist reich. Das Dasein ist ein Geschenk. Unser Bewusstsein darf sich erleben, forschen und lieben in einer Welt, in der es sich stets reflektiert.

Der Pantheismus gründet seinen Glauben in der ehrfürchtigen Betrachtung der Natur und des Kosmos. Er sagt sich los von altertümlichen Dogmen, die limitieren und integriert belegte naturwissenschaftliche Betrachtungen in die Vorstellung Gottes. Gott ist die Antwort auf die existenzielle Frage: Aus welchem Gewebe besteht die Existenz bzw. was hält die Welt im Inneren zusammen? Es ist Gott und seine Liebe, die uns ins Leben gebärt. Die Natur fungiert in einem beständigen Werdungsprozess, dem auch wir Menschen angehören, indem sie beständig Materie umformt und sich damit nicht substanziell neu erschafft. Doch in all dem speist sie immer wieder die gleiche Energiequelle. Bereits die Physik und Chemie generierten die Erkenntnis, dass Energie erhalten bleibt und sich nur transformiert und ineinandergreift. Der daraus stammende kosmische Informationsträger des Universums drückt sich in Frequenzen aus, deren Allgegenwärtigkeit schon Nikola Tesla erkannte.Der menschliche Körper ist davon nicht ausgenommen, allein unser Herz produziert ein elektromagnetisches Feld, welches sich größer situiert als das unseres Gehirns. Die Komplexität der Natur, welche sich beispielsweise in den vielseitig verwendeten Fibonacci-Zahlenverhältnissen bei Pflanzenkonstruktionen zeigt, so wie in den unzähligen biologischen Symbiosen, bei denen Lebewesen miteinander fusionieren, als auch die architektonischen Kunstwerkevon mikroskopisch kleinen Kieselalgen und Radiolarien oder allein nur die verschachtelten tauschenden Reaktionen der Biochemie einer einzelnen Zelle unseres Körpers, sind so unbegreiflich und feinabgestimmt auf mehrere Nachkommastellen, als würden sie von einer Urintelligenz stammen. Die meisten chemischen Reaktionen des Lebens sind uns nicht gewahr, ähnlich wie ihre Regularien oder Wechselwirkungen z.B. Van der Wahls-Kräfte, die Dipole ausbilden. Auch die DNA (Desoxyribonukleinsäure) ist eine solche hoch codierte Informationsfolge, dass wenn man die DNA (des Menschen) notieren wollte, bräuchte man bis fünfzig Jahre bei einer Schreibgeschwindigkeit von 60 Wörtern (in dem Fall die organischen Basen) pro Minute anzunehmen. Als Kohlenstoffkonstruktion sind wir stofflich von einem Diamanten nicht weit entfernt oder doch wurde uns der Atem (Pneuma) eingehaucht. Unser Körper ist ein Kontinuum, in welchem sich bewegende Teilchen in einer temporären Gestalt durch ihre Bindungen anordnen und zum Subjekt des Bewusstseins mutiert. Diese Urintelligenz oder Weltenseele trieb ebenfalls eine selbstorganisierte Evolution an, damit Leben in seiner Mannigfaltigkeit aufeinander bezogen entstehen kann. Das Leben fungiert als eine Emergenz des Kosmos, welche zwischenzeitlich dessen Entropie überwindet. Diese Schönheit des emergenten Lebens zu erfahren, repräsentiert den Beginn, in eine universelle Liebe einzutreten. Die gewonnene Demut äußert sich hier nicht in bloßer Kontemplation, sondern im aktiven Handeln und ethischen Reflexionen.


Das Einheitsbewusstsein befähigt den Menschen, den destruktiven Anthropozentrismus zu überwinden. Diese anthropozentrische Gesinnung stützt sich auf die Illusion der Trennung und der Höherstellung. Der pantheistische Biozentrismus hingegen, bezieht sich auf das Netzwerk der Lebensformen und ihre Verbindungen und legitimiert keine pauschale Höherstellung und schöpft hier aus der Biologie. Leben besteht in Beziehungen. Verbundenheit statt Zerstreuung. Wertschätzung statt Egozentrismus. Alles Leben und dessen Zusammenhänge bilden eine Erscheinung des Göttlichen und erschaffen ein ökologisch-intellektuell-soziales Bewusstsein. Einzelseelen, die sich temporär in Lebewesen transzendierten sind alle gleichwertig, egal ob es sich um die Seele eines Baumes, eines Schweins oder eines Menschen handelt, alle sind Teil der göttlichen Weltenseele und lösen sich wieder in ihr auf. Die Qualität unserer teleologischen Empathie sowie die pantheistische Biophilie agieren durch die Taten aus Wohlwollen und einem Verantwortungsbewusstsein. Weiterhin kontrastiert das menschliche Leben die Dualität aus Individuum und Gemeinschaft. Die essentielle Gemeinschaft verhilft zur Entwicklung und Entfaltung und konzipiert sich kontinuierlich im Wir-Bewusstsein. Selbst die Kunst des Menschen ist Ausdruck der Kreation der Göttlichkeit. Gott ist integral, sowohl in der Kunst als auch der Natur inhärent. Der Pantheismus betrachtet die Welt wieder durch die Augen eines neugierigen und liebevollen Kindes, welches Wunder erkennt und sich mit diesen identifiziert und sie gedeihen sehen möchte. Das Göttliche erinnert sich an selbst. Der humanitäre Pantheismus ist nicht verträglich mit menschenfeindlichen Gesinnungen, egal ob es sich um Rassismus, Sexismus oder Trans-oder Homophobie handelt. Die individuelle Vielfalt des Menschen ist eine Ressource an Entwicklung und Erfahrung und keine primär sündhafte Problematik. Als problematisch stellt sich eher die manifestierte Entfremdung des Menschen von seinem Ursprung heraus, welche in einer gestörten Welt- und Selbstbeziehung mündet. Menschen auf der Ebene des Mikrokosmos betrachtet, sind uralter Sternenstaub, der aus dem Gewebe des Kosmos stammt und mitihm verwoben bleibt, egal welche illusorischen Differenzen wir rational uns erdenken, schwingt dennoch das Urprinzip der Existenz in uns. Energie und dies gleichzeitig im Mikrokosmos und Makrokosmos.

Die ethische Betrachtung aus dem pantheistischen Grundgedanken

Eine Diskrepanz, die sich im Laufe der letzten Jahre herausbildete, offenbart sich darin, dass das geschätzte wissenschaftliche Wissen und der technische Fortschritt nicht zwangsläufig in Moral mündeten. Der Fortschritt löst nicht zwingend die Problematiken der Menschheit, sondern generiert auch neuartige und verheerende, die sich aufsummieren wie in der Klimakatastrophe. Schon Albert Einstein betonte, dass man die Probleme nicht lösen kann durch die Gesinnung in der sie entstanden. Kreative Kooperation und Interaktion sind nicht nur Lösungsansätze bei Pflanzen, Tieren, Pilzen, Einzeller und Bakterien, sondern auch der Menschen. Das Gegeneinander, welches sich in einer Konsum – und Leistungsgesellschaft manifestiert, führt kein nachhaltiges Glück herbei, sondern Gier, Unzufriedenheit und Oberflächlichkeit. Die Frage, die sich stellt, wie gehen wir mit dem Wissen um, welches wir zunehmend vermehren? Dieser Umgang mit Wissen prägt das Antlitz dieser Welt. Warum halten wir weiter an dem limitierten Denken fest, Spiritualität von Naturwissenschaft zu trennen? Vielleicht liegt darin unser größter Fehler. Wir relativieren, wägen ab und konkurrieren ohne jede Intuition. Wir sind nicht hier um zu kämpfen, wir sind hier um zu lieben und sich an der Schöpfung zu erfreuen, die durch uns zur Selbsterkenntnis gelangte und gleichzeitig ihre größte Gefahr gebar. Wir sind kosmische Kinder, die ihre Anbindung zur Mutterquelle verloren haben. Die Werte müssen neu kollektiv verhandelt werden. Welchen Anteil möchte der Mensch nähren? Den egoistischen oder mitfühlenden? Welchem Ziel verschreiben wir uns? Darüber muss die Menschheit Klarheit gewinnen, sei die Ausprägung auch noch so verschieden.

Der Pantheismus liefert nicht nur eine bloße Beschreibung unserer realen Umwelt (aus dem naturwissenschaftlichen Kompartiment betrachtet), sondern schafft durch seine spirituellen Grundsätze ein sehr fundiertes und wirkungsvolles Ethik-Modell. Das pantheistische Ethik-Modell orientiert sich dabei an dem sogenannten Alles-Eins-Prinzip und baut auf der Tatsache auf, dass jedes Handeln, das von einem Individuum für oder gegen ein Anderes gerichtet ist, letztlich auch einen selbst betrifft, und daher besonders stark reflektiert werden muss. Doch wie lässt sich dies aus pantheistischer Sicht erklären? Zweifelsohne schafft die Beschaffenheit unserer Gesellschaft aus Individuen den Eindruck der Getrenntheit voneinander. Das inhärente Ego-Bewusstsein verstärkt diesen Eindruck. Ein Pantheist kann sich einer meditativen Praxis hingeben und unter anderem durch Meditation seine Empathie stärken. Das menschliche Leben soll die Hindernisse auf dem Weg der universellen Liebe abbauen, die oftmals durch den Verstand konstruiert werden.


Es scheint auf den ersten Blick so, als wäre jedes Individuum lediglich ein von anderen Individuen hermetisch abgeschottetes Wesen mit einer eigenen Gedanken- und Handlungswelt, völlig abgeschottet und ohne Verantwortlichkeit für das Gegenüber. Die Folge hieraus ist ein radikaler Individualismus mit seinen typischen Symptomen, wie zum Beispiel Konkurrenzdenken, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Machtkämpfen, sowie ausgeprägtem (meist unterbewussten) Verurteilen von Andersartigen. Hiernach steht stets das eigene Wohl an vorderster Stelle, nicht aber das Wohl des Ganzen. Der Pantheismus bricht durch das Prinzip der Allverbundenheit diesen eingeschränkten Bewusstseinszustand auf und erschafft damit einen neuen Ermessensspielraum für die Zukunft der menschlichen Spezies. So geht der Pantheismus davon aus, dass das Ego und damit die Aufspaltung der Gesellschaft in individuelle oder kollektive Egos, zum Beispiel Ethnien, Nationen und politischen Gruppierungen, nicht der tatsächlichen Realität entspricht, sondern bloß eine Illusion darstellt, welche über den eigentlichen Zustand der Allverbundeheit und über das Einheitsbewusstsein hinwegtäuscht. Der Pantheismus verleugnet den Individualismus dabei nicht und stellt ihn auch nicht in Abrede, sondern erweitert ihn lediglich um ein wesentliches pantheistisches Element, nämlich das erwähnte Bewusstsein über die Zusammenhänge und Beziehungen, was nichts anderes bedeutet, als das Bewusstsein dafür, dass Alles-Eins ist. Dieses pantheistische Element transformiert das Ego-Bewusstsein von einem bloßen Bewusstsein für sich selbst oder für seine eigene Gruppe, in ein Bewusstsein füreinander. Das Füreinander bezieht sich dabei nicht nur auf die Angehörigen der eigenen Familie, Religion, Nation oder Ethnie, sondern erstreckt sich vielmehr auf alle Individuen der eigenen Art, und sogar auf Individuen anderer Arten, ja sogar auf die gesamte Umwelt und Mitwelt, welche schließlich ebenfalls zum selben All-Eins zu zählen sind, wie man selbst. Die Welt bewegt sich in einem Kontinuum, in einem sozialen-mentalen und ökologischen Netzwerk. Allem Sein ist Gott inhärent. Vernetzung und ihre Energieströme sind die bildende Struktur im Universum. Kooperation liegt allem zu Grunde, sei es die Zellkommunikation oder die Beziehung zwischen Lebewesen in der überindividuellen Perspektive. Uns verbindet der gleiche Nährboden, selbst der genetische Code ist allen Lebewesen inhärent und so universell, genau wie der Energieträger ATP, welche allen Kreaturen das Leben einhaucht, sei es der Einzeller oder der 100m hohe Baum, welcher mit seinen Mitbäumen kommuniziert.


Der Pantheismus liefert mit nur einem einzigen grundsätzlichen Prinzip eine mögliche Lösung für dieses Dilemma und somit für all die unzähligen ökologische, soziale und politischen Probleme unserer Zeit. Denn all diese Probleme rühren daher, dass Menschen aus dem augenscheinlichen Zustand der Getrenntheit die Rechtfertigung ableiten, anderen Menschen oder anderen Lebewesen allgemein, Schadenzuzufügen oder ihr Leben als weniger wertvoll zu klassifizieren. Es handelt sich dabei stets um eine bewusste oder unbewusste Aufwertung des individuellen oder kollektiven Egos zum Nachteil eines anderen Individuums oder Kollektivs. Meist sind die kulturellen Prägungen soweit in uns verankert, dass sie nur selten Gegenstand der Reflexion werden, beispielsweise der Fleischkonsum oder Tierprodukte-Konsum überhaupt. Praktische Beispiele hierfür finden sich in verschiedenen Bereichen des Lebens, angefangen beim alltäglichen Mobbing in der Schule oder am Arbeitsplatz, mediale Hetze oder gar körperliche Gewalthandlungen, die teilweise sogar als stark gelten, bis hin zu gesamtgesellschaftlichen Problemen, wie Rassismus, internationale politische Konflikte, Umweltzerstörung oder Massentierhaltung, sowie sonstiger wirtschaftlicher und ökologischer Ausbeutung der Drittländer und den dort lebenden verarmten Menschen. Beim Mobbing beispielsweise handelt es sich um einen sozialen Machtkampf, bei dem es darum geht, sein individuelles Ego zum Nachteil eines Mobbing-Opfers aufzuwerten, indem man diesem gezielten Schaden zufügt. Beim Rassismus handelt es sich um eine Aufwertung des kollektiven Egos, zum Beispiel über die eigene Hautfarbe, nationale Zugehörigkeit oder Ethnie zum Nachteil eines anderen ethnischen Kollektivs, mit beträchtlichen Folgen, an die uns nicht zuletzt die Geschichte selbst mit ihren sechs Millionen Holocaust-Opfern oder mit dem britisch-amerikanische Sklavenhandel regelmäßig in tragischer Weise erinnert, um nur einige historische Beispiele exemplarisch aufzugreifen. Das Ego möchte sich abgrenzen, kontrollieren, unbewusst konsumieren, sich in Disharmonie erhöhenund Recht haben, alles Faktoren die der Eudaimonia (Glückseligkeit) im Weg stehen.

Auch bei Morden, Vergewaltigung oder Missbrauch handelt es sich in vielen Fällen um eine Objektifizierung des Gegenübers, um eigene Gelüste oder Machtbedürfnisse zu stillen. Bei der Umweltzerstörung sind nicht nur andere Menschen das Opfer des individuellen oder kollektiven Egos, sondern insbesondere andere Lebensformen, wie Tiere, Pflanzen, Pilze oder gar ganze Ökosysteme. Der Speziesismus wütet in vielen versteckten Facetten, überall wird den einen Lebewesen Leid zugemutet und andere werden vergöttert, egal ob dies bei Tierversuchen in Erscheinung tritt, deren Mitfinanzierung den meisten durch den Kauf entsprechender Kosmetikprodukte den wenigsten Menschen bewusst ist, noch die oft instrumentalisierten Haustiere, deren artgerechte Haltung leider weiterhin ein Luxus darstellt. Wir sind Kreaturen aus Partikeln in einer integralen Welt und zugleich sind wir die Welt. Die Lebewesen müssen wieder in ihrer wahren Natur erkannt werden, es sind Subjekte, die wir objektivierten und reduzieren. Ein Ausdruck dieser Reduzierung ist die „Pflanzenblindheit“. Pflanzen werden oft als rein instrumentalisierte Lebewesen betrachtet, die sogar beim Naturschutz oft vernachlässigt werden. Doch verfügen sie über ein Gedächtnis, erweiterte Wahrnehmungen und eine vernetzte Kommunikation. Und ja, sie schenken uns den essentiellen Sauerstoff, binden Co2, reinigen Luft und Wasser von unserer Verpestung, stellen Heilstoffe, Baumaterialien und unsere Nahrung her und vieles mehr. Sogar die klimatischen und biochemischen Bedingungen beeinflussen sie. Pflanzen sind ebenfalls Teil der Weltseele und verfügen über eine fürsorgliche Position im Kreislauf des Lebens. Sie verdienen ebenfalls Achtung und Bewahrung. Der Pantheismus realisierte Lebensbejahung, sowohl das eigene Leben soll geachtet und entfaltet werden, als das der Mitgeschöpfe. Das Dazwischen eruiert das komplexe Dasein und wir dürfen uns erfreuen am Lebendigsein und dieses florieren lassen. Das Universum ist der Ursprung allen Lebens und deswegen sollte es der Gegenstand unseres Denkens werden. Beispielhaft hierfür ist die regelmäßige und noch immer praktizierte Brandrodung der Regenwälder zur Gewinnung von Nutzflächen für Futter-Soja, Kaffee oder Palmöl, wobei zahlreiche essentielle Ökosysteme, Pflanzen und Tierarten zu Grunde gehen und nicht zuletzt unser gesamtes globales Klima gefährdet wird. Ein weiteres Beispiel ist die Massentierhaltung, bei der pro Tag Millionen von Nutztieren auf grausame Art und Weise geschlachtet und gequält werden, extrem viele Ressourcen verbrauchen und Umweltgifte nebenbei mitproduzieren. Auch die Überfischung der Meere, die unnötige Gefährdung von Insekten durch schädliche Pestizide, sowie auch die Haltung von zahlreichen Tierarten in Zoos oder Zirkussen zu Unterhaltungszwecken sind traurige Beispiele für die ökologische Ausbeutung zur Befriedung des individuellen und kollektiven Egos. Aus pantheistischer Sicht betrachtet handelt es sich bei all diesen Beispielen um eine höchst masochistische Art der Selbstverletzung, denn schließlich richtet sich aus dem All-Eins Bewusstsein heraus betrachtet jeder von sich selbst ausgehende Schaden schließlich gegen sich selbst, denn der oder das Andere ist Man-Selbst. Eine solche Realisierung der Selbstverletzung findet z.B. dem Verzehr von Fleisch statt, da Unmengen an Antibiotika aufgenommen werden, bei den Fischkonsum ist es unter anderem die krebsfördernde Aufnahme von Mikroplastik. Wenn der Mensch einmal in die Kreisläufe eingreift, so wird sich der Schaden überproportional ausweiten. Mit Hilfe des Einheitsbewusstseins gelingt es Pantheisten also, im alltäglichen Handeln auch stets ein Bewusstsein für das Ganze zu behalten, “einheitsbewusst” zu leben, und somit die Folgen des eigenen Handelns besser zu reflektieren und somit auch das eigene Handeln optimal zu gestalten. Dies mündet zum Beispiel in der Veränderung des eigenen Lebensstils. So ist es nicht selten, dass Pantheisten zugleich eine vegetarische oder vegane Ernährungsweise bevorzugen oder sonstige Produkte vermeiden, die aus ökologischer oder wirtschaftlicher Ausbeutung stammen. Pantheisten richten ihr Handeln somit mehr danach aus, andere Mitmenschen und ihre Umwelt zu fördern, anstatt ihr zum eigenen Vorteil Schaden zuzufügen, so sind sie zum Beispiel ehrenamtlich tätig oder entscheiden sich für soziale Berufe. Auch, wenn absolute Schadensreduktion in unserer heutigen Welt nie gänzlich zu erreichen ist, versuchen Pantheisten, diesen zumindest auf ein akzeptables und minimales Maß zu reduzieren, wie es für jeden Einzelnen möglich ist. Das Maß, welches angelegt wird, ist das Maß der Notwendigkeit, nicht der Gier nach mehr. Damit ergeben sich große Parallelen zum Buddhismus, Hinduismus und Jainismus und zu anderen Religionen und Strömungen wie zum Beispiel den Auffassungen der Native Americans. Buddhistische bzw. hinduistische Vorstellungen, die darin ufern, dass eine Weltenseele sich temporär in Einzelseelen (Atman) individualisiert, oder dass im Schamanismus „der große Geist“ alles Lebendige bewohnt unddieses Lebendige (Prana = Lebensatmen) mit einer transzendentengeistigen Ebene in Kontakt steht. Max Plancks „Spirit of Universe“, welcher auch auf eine panpsychische Expansion des Bewusstseins hindeutet bzw. die „Gaia – Hypothese“, welche unsere Erde als einen Organismus betrachtet, kanalisieren in all ihren Blickwinkeln den Pantheismus. Seine Ausführungen, Weiterentwicklungen und kulturellen Schöpfungen sind ein Gefäß des intuitiven menschlichen seelischen Wissens über das Wesen unserer Existenz, so wie Platon schon davon sprach, dass das Leben eine Manifestation von höheren Ideen sei oder andere griechische Gelehrte bereits unsere „Atome“ erdachten.


Dieses große ethische Potential auszuschöpfen, Menschen auf aller Welt darüber zu erkundigen, sie “einheitsbewusst” zu machen, das ist das Ziel des pantheistischen Engagements. Denn viel zu viele Menschen auf dieser Welt sind sich über dieses destruktive Prinzip noch immer nicht bewusst, viel zu viele Menschen sind immer noch in ihrem individuellen und kollektiven Ego-Bewusstsein gefangen und richten dementsprechend großen Schaden gegenüber ihren Mitmenschen und ihrer Mitwelt an und manifestieren auf geistiger Ebene Unbewusstsein im täuschenden Rationalismus. Dies zu ändern, das ist ein großes Ziel des Pantheismus, durch eine Revolution in den Seelen der Menschen. Auf der spirituellen Sphäre der Erfüllung dienen Lebewesen in der Liebe und nichts Höheres schenkt ihnen wahrhaftige Eudaimonia (Glückseligkeit), nur ist diese Liebe kein Ausdruck eines Mangelbewusstseins, etwas zu brauchen, sondern das Sein im Geben, eine elysische Hingabe sich zu schenken und sein begrenztes Selbstindikationen loszulassen. Durch eine neue Sicht auf die Existenz, auf dass wir den Blick auf das Ganze genauso schärfen, wie den Blick auf uns selbst. Diese Erde erfährt eine Relativierung der Lebensformen, weil wir sie als Zellmaschinerie begreifen (ähnlich Descartes). Doch kann kein Wissenschaftler selbst mit der Erforschung des Subatomaren erklären, was Leben als Emergenz wirklich ist, genauso wie die Frage nach dem Bewusstsein nicht eindeutig zu beantworten bleibt. Die Frustration und diese Entzauberung der Gegenwart muss in die Motivation zur Verantwortungsübernahme verwandelt werden. Die partizipative Selbstwirksamkeit des Menschen kristallisiert sich als der Schlüssel heraus. Es liegt an uns diese zu ergreifen. Niemand kann wachsen, welcher seine Wurzeln vernichtet. Doch Leben bedeutet Veränderung und die Neuwerdung des kosmischen Geistes. Jedes Lebewesen besitzt einen Funken von spiritueller Kraft. Wir dürfen die Ganzheitlichkeit in unser Dasein etablieren und neue Perspektiven, sei es integrale Mystik, Astronomie, Biologie, griechische Philosophie oder Poesie, es ist ganz gleich, wir sind mehrdimensional, also warum beschränken wir uns? Der Meerestropfen spiegelt sich im gesamten Ozean.


Autoren:

Janet Heuer & Hardy